Die Vorbereitungsphase auf die neue Saison begann. Eine Saison, die so anders werden sollte als vergangene Spielzeiten, und für die Spieler und Verantwortlichen riesige Herausforderungen bereit hielt.

Das Trainerteam, bzw. das NLZ als Gesamtorganisation, hatte in diesen Wochen, und eigentlich bis zum Ende der Saison, nicht nur eine sportliche Aufgabenstellung zu erfüllen. Die wirkliche Challenge war mit dem Corona – Virus umzugehen. Die Anforderungen, oder besser gesagt Einschränkungen, von Bundesregierung, vom Verband, Schulen und anderen Behörden galt es zu erfüllen. Jeder weiß, dass vor einem Jahr die Vorschriften nahezu täglich wechselten, nicht immer verständlich formuliert wurden, und schon gar nicht in jedem Fall nachvollziehbar waren. Eine Mammutaufgabe für alle, die in der Verantwortung waren für über 100 Spieler im NLZ, die Trainer- und Betreuerteams, und auch für die Spieler selbst.

RWE meisterte diese Aufgabe mit Bravour. Es stand immer die Gesundheit des Spielers im Vordergrund. Da wurden keinerlei Risiken eingegangen. Quarantäne- und sonstige Vorschriften wurden penibelst befolgt.

Unter diesen Voraussetzungen einen professionellen Trainingsbetrieb aufrecht zu erhalten und die Ausbildung der Spieler bestmöglich voranzutreiben, war sowohl unter sportlichen, wie auch unter organisatorsichen Aspekten betrachtet eine absolute Meisterleistung. Das Lösen dieser Aufgaben würde ich mindestens so hoch einschätzen, wie die sportlichen Erfolge von RWE in der Saison. Einschließlich des Aufstiegs in die 3. Liga.

Leid getan haben mir die Spieler. Man hatte ihnen bereits ein Jahr Ausbildung gestohlen, ihnen ein Jahr ihrer fußballerischen Entwicklungszeit genommen. Das kann man nicht wieder gut machen, man kann es ihnen nicht zurück geben. Und nun folgte schon das 2. Jahr, oder die 3. Saison, in der sie ihren Traum im Profifußball unterzukommen nur mir gebremsten Schaum nachgehen konnten. Training am Ipad von zu Hause aus mag sich ja ganz witzig anhören, aber ob man dadurch ein besserer Fußballer wird möchte ich doch sehr bezweifeln.

Wie dem auch sei, durch kluges Management, bei dem immer die Gesundheit der Spieler an erster Stelle stand, gelang es NLZ – Chef Christian Flüthmann für alle Mannschaften eine Vorbereitung und die Aufrechterhaltung des Spielbetriebes zu gewährleisten, womit man in den U17 und U19 Bundesligen wettbewerbsfähig war. Mehr als das.

Die Vorbereitung eines U19 Bundesligateams ist knochenhart. 5 mal die Woche Training, plus 2 Testspiele, plus Athletik- und Taktiktraining, Analysen, medizinische Betreuung. Nebenbei noch Schule, Hausaufgaben. Der Aufwand, den die Bengels betreiben ist Wahnsinn. Gleiches gilt für die Trainer und Betreuer, die ja ganz überwiegend noch einen Beruf in Vollzeit ausüben.

Meine Euphorie wuchs tagtäglich und schließlich machte ich mich auf den Weg nach Bottrop Kirchhellen. Ein Vorbereitungsspiel, eigentlich nichts Besonderes, aber für mich war es so etwas wie ein Startschuß. Ich war von der ersten Sekunde an absolut geflasht von der Mannschaft. Richtig erklären kann ich das nicht. Ist einfach so. Ich sah diese Mannschaft spielen, und fühlte mich wohl. Basta.

In Bottrop sah ich ein sehr gutes Fußballspiel. Das war technisch anspruchsvoller Fußball bei gleichzeitig höchstem Tempo. Voller Einsatz, jeder Zweikampf wurde angenommen, kluges Aufbauspiel, lange Ballstafetten. Fußball mit Herz, und mit Köpfchen. Hafenstraßenfußball.

Der Sieg stand außer Frage, aber darum ging es nicht. Ich habe eine Mannschaft gesehen, die den Spirit, die Leidenschaft von Vincent Wagner verinnerlicht hatte und dabei fußballerisch überzeugt hat. Zwei Spieler waren mir besonders aufgefallen und sind mir seitdem ans Herz gewachsen, aber ich möchte keine Namen nennen. Das wäre ungerecht den anderen Jungs gegenüber. Und ans Herz gewachsen sind mir eigentlich alle 25 Spieler des Kaders.

Das Spiel wurde 4 : 0 gewonnen. Es war eine gute Leistung, bei der alle Spieler zum Einsatz kamen. Gefallen hat mir auch die Atmosphäre. Kleines schnuckeliges Stadion, hervorragende Kaffeebude in 10 Metern Entfernung, zivile Preise, lecker Bratwurst vom Grill, und vielleicht 200 Zuschauer einschließlich Ersatzspieler. Ein Spieler von uns war besonders auffällig. Elefterios „Lefti“ Theocharis. Erst 17 Jahre alt, noch Jungjahrgang. Er spielte auf der rechten Außenverteidigerposition und bestach dabei durch eine unglaubliche Schnelligkeit. Wenn er an der rechten Seite nach vorne stürmte schienen alle anderen zu stehen. Ich hatte noch nie Jemanden zuvor gesehen, der in dem Alter über eine derartige Schnelligkeit verfügt.

Lefti kam über den Umweg Borussia Dortmund zu uns und hat dort eine sehr gute Ausbildung genossen. Es gibt eine interessante Geschichte aus dieser Zeit. Damals trainierte der schnellste Mann der Welt und glühender BvB Fan, Usain Bolt, bei den Borussen für einige Wochen mit. Als er den kleinen Lefti hat laufen sehen, hängte er seine Schuhe an den Nagel und ging nach Hause.  Das haben mir Leute bestätigt, die ich ernst nehme.

Ich habe mich wohl gefühlt.

Diese Art von Fußballgucken, diese kleinen aber feinen Anlagen in Bottrop, Velbert, Bocholt, Niederwenigern, in den NLZ´s von Duisburg, Paderborn, Bochum und Schalke oder dem FC Köln haben mir sehr viel Spaß gemacht. Die beste Kaffeebude gab es an der Seumannstraße und beim FC Köln. Es war immer Zeit für ein Pläuschchen, und im Laufe der Zeit (er)kannte ich auch die meisten Zuschauer. Es waren ja fast immer dieselben Leute. Neben den Eltern der Spieler natürlich auch viele Berater, darunter viele ehemalige Bundesligaprofis.

Es folgten weitere Testspiele, überwiegend gegen Mannschaften aus der Oberliga Niederrhein. In Niederwenigern sah ich eines der für mich besten Spiele der Saison. Beim 5 : 1 Sieg haben unsere Jungs gegen eine wirkliche Männermannschaft auf ganzer Linie überzeugt. Nicht nur spielerisch, sondern auch im Zweikampfverhalten, taktisch und läuferisch. Es war ein tolles Fußballspiel. Unsere Abwehr um Moustafa Kourouma und Joshi Quarshie stand bombensicher und überzeugte auch im Spielaufbau. Aksit Sen und Oguczan Büyükarslan sorgten unter anderem für die Tore.

Gleiches gilt für das Spiel bei der SSVG Velbert, welches ebenfalls 5 : 1 gewonnen wurde. Timur Mehmet Kesim traf unter anderem doppelt. Die SSVG war nun wirklich kein Kanonenfutter, wie die Oberligasaison zeigen sollte.

Sowohl in Velbert, wie auch in Niederwenigern hat unsere Mannschaften gegen gestandene Oberligamannschaften sowohl spielerisch überzeugt, als auch körperlich dagegen gehalten. Das hat mich beeindruckt.

Anschließend kam ein wirkliches Highlight in Bocholt. Am Hünting, gegen den späteren Aufsteiger in die Regionalliga, den 1. FC Bocholt, der unter anderem mit Kevin Grund und Marcel Platzek angetreten war, errangen die Jungs ein torloses Unentschieden. Das war ein Wahnsinnsspiel. Bocholt war überlegen, aber der Kampfgeist, die Leidenschaft und auch die fußballerische Klasse mit der sich die Mannschaft gegen eine Niederlage stemmte, war absolut sehenswert. Die Innenverteidigung mit Joshua Quarshie und Mustafa Kourouma machte ein herausragendes Spiel, aber es würde der Sache nicht gerecht nur diese Beiden zu nennen. Die gesamte Mannschaft, jeder Einwechselspieler und beide Torwarte machten ein überragendes Spiel und kämpften wie die Löwen.

Ich bin bis heute felsenfest davon überzeugt, daß dieses Spiel in Bocholt, das nicht für möglich gehaltene Remis, für den weiteren Saisonverlauf von eminenter Bedeutung gewesen ist. Es hat gezeigt, was mit harter Arbeit möglich ist, dass es keine Grenzen gibt, wenn man sich auf ein Ziel fokussiert und alles dafür tut, um es zu erreichen. Es gab später in der Bundesliga einige Spiele, in denen erst in letzter Sekunde ein Punkt oder ein Sieg geholt wurde. Ich glaube, der Grundstein für dieses bis in der letzten Nanosekunde an sich zu glauben und dafür zu kämpfen wurde in diesem Spiel in Bocholt gelegt.

Was mich sehr beeindruckt hat war die Tatssache, dass unsere Jungs gegen die Oberligamannschaften eine glasklare Körpersprache an den Tag legte. Da rannte keiner mit hängenden Schultern oder eingezogenem Kopf rum. Obwohl erst 17 oder 18 Jahre jung, in der Regel einen Kopf kleiner und 20 Kilo leichter als ihre Gegenspieler, traten sie stets selbstbewußt auf. Mit dem gebotenem Respekt dem Gegner gegenüber, aber gleichzeitig mit dem Bewußtsein der eigenen Stärke, die man sich im harten Trainingsalltag erarbeitet hatte.

Die Vorbereitungsspiele, wie auch später die Begegnungen im Pokal und in der Bundesliga, wurden in der Regel von immer den gleichen Leuten besucht, meistens so um die 200 Zuschauer. Eltern, Berater, Freunde, und ein paar Fußballbekloppte. Eigentlich schade. Diese Spiele hätten mehr Anteilnahme verdient. Insbesondere wenn man berücksichtigt, daß der Eintritt fast überall kostenlos war und der Kaffee zwischen 1 und 1,50 Euro lag. Lediglich in Dortmund, Düsseldorf und bei den Heimspielen von RWE war ein Obulus zu entrichten. Ansonsten freier Eintritt für freie Bürger. Jedenfalls wenn man ausreichend geimpft war, dieses nachweisen konnte, Maske trug, und die Spiele nicht, wie in Bochum und auf Schalke, auf eine Zuschauerzahl von 100 oder 200 begrenzt waren.

Die Vorbereitungszeit neigte sich dem Ende zu.  Bald mußte sich zeigen, ob sich die harte Trainingsarbeit auszahlen würde und die erfolgreich gestalteten Testspiele sich auch in den Pflichtspielen wiederholen ließen.

Bevor die Bundesliga Saison beginnen sollte, galt es aber in dem neu gestaltetem Ligapokal eine Standortbestimmung vorzunehmen. Ein völlig neuer Wettbewerb, den es bisher nicht gab.

Dazu mehr im nächsten Teil.

Meinen Nicknamen Traumzauberer habe ich seit den guten alten Zeiten im Reviersport.
Seitdem nennen mich alle so. 
Gegen den Virus RWE, genauer gesagt dem Virus Hafenstraße, hilft genau wie gegen Corona kein Booster
und seit den 80er Jahren bin ich infiziert.
Seitdem bin ich dabei. Mal mehr und mal weniger. Mal euphorisiert, mal total frustriert. 
Ende der 90er bis 2020 habe ich im Ausland gelebt, aber meine Verbundenheit zu den Uralt Ultras und Happo 
hat darunter nie gelitten. Im Gegenteil. Egal wo ich gerade auf der Welt war, diese Verbindung hatte Bestand,
war belastbar und dadurch war auch RWE in meinem Leben immer präsent.
Corona hat mich 2020 wieder nach Deutschland verschlagen, und ich habe begonnen mich sehr intensiv mit 
den Nachwuchsmannschaften von RWE zu beschäftigen. Das hat nicht nur unglaublich viel Spaß gemacht, sondern mir auch 
Einblicke in das Haifischbecken Profifußball gegeben, die sehr aufschlußreich waren.

Als bekennender Fan des Hafenstraßenfußballs konnte ich an der Seumannstraße und Am Hallo faszinierende Spiele 
und Spieler gesehen. Technisch feiner Fußball bei höchstem Tempo und Kampf bis zur letzten Nanosekunde. So, wie es sein soll.
RWE bekennt sich zur Jugendarbeit und bietet hoch talentierten Spielern fantastische Möglichkeiten sich zu entwickeln.
Dabei zu sein und den persönlichen und fußballerischen Werdegang junger Talente zu verfolgen ist eine tolle Sache.
Insbesondere die U19 habe ich ein Jahr bei nahezu jedem Spiel begleitet und ich bin sehr dankbar für sehr viele bleibende Momente 
auf und neben dem Platz.