Dann ging es los.
An einem freundlichen Sonntagmorgen am Hallo musste sich beweisen, ob die harte Vorbereitung sich auch in Punkte im Ligabetrieb umsetzen ließ. Denn nur darum geht es schließlich. Der Klassenerhalt war das erklärte Ziel. Dafür wurde der riesige Aufwand betrieben und alles andere diesem Ziel untergeordnet.
Der Spielplan meinte es gut mir RWE. Jedenfalls auf dem Papier. Im weiteren Verlauf der Saison sollte sich herausstellen, dass es keine leichten Gegner gab. Abgesehen von der Übermannschaft Borussia Dortmund konnte wirklich Jeder Jeden schlagen.
Ein guter Start in die Saison wäre wichtig gewesen um den Druck ein bisschen abzubauen und weiteres Selbstvertrauen zu tanken.
Ich war bester Laune. Angespannt und neugierig zugleich. Ich war sicher, dass an diesem herrlichen Sonntagmorgen der so wichtige erfolgreiche Star in die Saison gelingen würde. Bis es soweit war, belagerte ich die Kaffeebude am Hallo. Sie gehört zu den besten. Und ich kenne viele.
Der Auftaktgegner war Viktoria Köln. Eine Mannschaft die kurz zuvor im Ligapokal besiegt werden konnte, aber es war ein sehr enges Spiel.
RWE begann, angeführt von Giuliano Zimmerling und Ben Heuser, mutig und engagiert und hatte ein optisches Übergewicht. Das Spiel fand überwiegend in der Hälfte der Kölner statt, die aber auch selbst immer wieder gefährliche Aktionen hatten. Aber die Abwehr um Joshua Quarshie und Mustafa Kourouma ließ nur wenig zu. Sehr stark auch Lefti Theocharis auf der rechten Seite, der wiederholt seine Schnelligkeit einsetzen konnte. Und dagegen gab und gibt es kein Mittel.
Es dauerte bis zur 28. Minute. Der sehr stark aufspielende Oguzcan Büyükarslan erzielt mit einer herrlichen Aktion das verdiente 1:0. Die Führung gab der Mannschaft noch mehr Sicherheit und nur wenige Zeigerumdrehungen später gelang dem an diesem Tag bärenstarken John Max Kowalski das 2:0.
Eine verdiente Führung die dem Spielverlauf entsprach. Jetzt mit 2:0 in die Pause gehen, dann die ersten 20 Minuten ohne Gegentor überstehen, dachte ich so.
In der letzten Aktion vor der Halbzeit gelang Viktoria Köln der Anschlusstreffer. Komplett unnötig. Ein absolut vermeidbarer Treffer. Aber was solls. Fehler gehören nun mal dazu, und die Jungs sind 17 oder 18 Jahre alt. Trotzdem ärgerte ich mich, dass wir es uns selber schwerer gemacht haben als nötig gewesen wäre.
In der 2. Halbzeit ging es munter weiter. RWE macht deutlich wer am Hallo wohnt. Wir spielten weiter nach vorne, wollten den Sieg. Aus der Überlegenheit entsprangen zwangsläufig Torchancen und in der 72. Minute gelang Timur Mehmet Kesim das erlösende 3:1.
Es war die Vorentscheidung. In der Schluss Minute verwandelte Giuliano Zimmerling nervenstark einen Elfmeter zum 4:1 und belohnte sich damit selbst für eine gute Leistung.
Ein verdienter Sieg. Wir ließen wirklich nicht viel zu und waren von der ersten Minute an konzentriert und sehr engagiert. Ich hörte nach dem Schlusspfiff überall Steine plumpsen. Die Erleichterung, die Freude über einen verdienten Sieg nach einer kämpferisch und spielerisch guten Leistung war überall zu spüren. Der Saisonstart war gelungen. Die Jungs hatten sich für ihre harte Arbeit belohnt.
Schon am nächsten Sonntag ging es weiter. Der Gegner war die U19 Mannschaft von Borussia Mönchengladbach. Ein Verein, der seit Jahren über eine exzellente Nachwuchsarbeit verfügt und mit dem Internat, Trainerstab und Trainingsanlagen über beispielhafte Bedingungen verfügt.
Also auf nach Gladbach. Begeistern konnte ich @Happo, den ich um 9 Uhr abholte und im Fohlenstadion im Borussia Park, direkt hinter dem „großen“ Stadion, trafen wir @Hürthi, der aus Köln abgereist war.
Die Anlage von Gladbach ist vom Feinsten. Fußballplätze soweit das Auge reicht, Internat, Hotel, Parkplätze und ein wunderschönes kleines Stadion, nur für die Jugend. Allerdings, großes Manko, K.O. Kriterium: es war keine Kaffeebude da. Vielleicht wegen Corona, vielleicht haben die auch keine.
Trotz dieser widrigen Umstände freute ich mich auf das Spiel. Es galt die gute Form aus dem Eröffnungsspiel mitzunehmen und zu schauen, ob das auch gegen einen der Großen reichen würde. Gladbach ist seit je her für eine ausgezeichnete Jugendarbeit bekannt. Zudem verfügten sie mit Yvandro Borges Sanchez und Kushtrim Assalari über 2 absolute Ausnahmespieler. Beide haben mittlerweile einen Profivertrag in Gladbach erhalten. Allein diese beiden Spieler zu sehen war die Fahrt nach Gladbach wert. Eine Augenweide.
Gladbach begann erwartungsgemäß offensiv und machte Druck, ohne sich dabei nennenswerte Chancen herauszuspielen. Aufgrund ihrer überragenden Einzelspieler habe ich bei Ballbesitz stets den Atem angehalten. Aber unsere Mannschaft machte das ganz hervorragend. Die Abwehr um Joshie Quarshie und Mustafa Kourouma sowie Lefti Theocharis und Cemil Demircan machten ihre Sache hervorragend und ließen wirklich nichts zu. Tatkräftig unterstützt wurden sie dabei von Veli Cetin, Enes Güzel und Giuliano Zimmerling, die schon im Mittelfeld alles abräumten. Leider fehlte an diesem Tag verletzungsbedingt Tim Kuhlmann. Wenn er gesund ist einer unserer besten Spieler. Das Spiel wäre wie gemalt für ihn gewesen.
Mit zunehmenden Spielverlauf befreiten wir uns immer mehr und kamen selbst zu einigen Chancen. Angetrieben von Ben Heuser und Giuliano Zimmerling, die beide ein überragendes Spiel machten gelang es mehr und mehr die Spitzen Oggi Büyücarslan und Memo Kesim einzusetzen. Dabei wurde ein immenser Aufwand betrieben, denn viele vielversprechende Aktionen endeten mit leichtfertigen Ballverlusten. Ein Problem, was sich die ganze Saison über bestehen sollte.
Mit 0:0 ging es in die Kabinen und es war ein ausgeglichenes Spiel. Gladbach gehörten die ersten 10 Minuten, aber danach waren wir ebenbürtig, ließen nichts zu und hatten Chancen in Führung zu gehen.
Ohne Kaffee ging es weiter. Die zweiten 45 Minuten sollten mit das Beste werden, was ich von der Mannschaft im gesamten Saisonverlauf gesehen habe. RWE kam mutiger aus der Kabine, drängte Gladbach in die Defensive und die kleinen Borussen taten sich schwerer als noch im ersten Durchgang. RWE wurde besser und besser und es ergaben sich zwangsläufig Chancen, während von Gladbach nicht mehr viel kam.
Die zweite Halbzeit gehörte eindeutig RWE. Allein das, gegen eine Mannschaft wie Borussia Mönchengladbach, war schon ein großer Erfolg. Mit Kampf, Leidenschaft aber auch guten spielerischen Momenten legten die Schützlinge von Vincent Wagner eine beeindruckende Leistung auf den Rasen. Unter den Augen von Jörn Nowak, der regelmäßig bei den Spielen der U19 zu Gast war, übernahmen sie die Kontrolle im Fohlenstadion.
In der 63. Minute kamen mit Ali Karkar und John Max Kowalski frische Kräfte, denn der aufwendige Spielverlauf hatte Körner gekostet. Es wurde positionsgetreu gewechselt. RWE wollte mehr als nur einen Punkt. Ben Heuser, Oggi Büyücarslan und der an diesem Tag glänzend aufgelegte John Kowalski hatten Gelegenheiten den Führungstreffer zu erzielen. Doch gute und sehr gute Möglichkeiten konnten nicht genutzt werden, vielversprechende Konter endeten mit unnötigen Ballverlusten. Aber, die Mannschaft glaubte an sich, gab nie auf, rackerte unermüdlich und trat insgesamt sehr selbstbewusst auf.
Es dauerte bis zur 85. Minute. Aus dem Gewühl heraus erzielte Josie Quarshie das hochverdiente 1: 0. In den verbleibenden Minuten hätte die Führung sogar noch ausgebaut werde können, aber letztlich blieb es bei diesem grandiosen Sieg. Wann hatte eine U19 von RWE mal in Gladbach gewonnen.
Nach dem Schlusspfiff brachen alle Dämme. Ausgelassener Jubel überall, Freude über eine sehr starke Leistung aller Spieler, die mit einem nicht unbedingt zu erwartenden Sieg belohnt wurde.
Der Saisonstart war gelungen. 6 Punkte nach 2 Spielen, damit konnte nicht unbedingt gerechnet werden. Und, es waren keine glücklichen Siege. Beide Spiele wurden verdient gewonnen. Die Mannschaft trat sehr gefestigt auf, mit einer hervorragenden Abwehrleistung und mutigem Fußball. In der Vorwärtsbewegung musste in jedem Spiel viel Aufwand betrieben werden, aber die Jungs gaben nie auf. Kampfstark, hoch motiviert und mit einer Leidenschaft, für die mir kein besseres Wort als Hafenstraßenfußball einfällt. Es musste aber auch in jedem Spiel ans Limit gegangen werden. 90% hätten nicht gereicht.
Der nächste, nicht minder schwere Gegner kam eine Woche später zum Hallo. Das Talentwerk des VfL Bochum hatte in den vergangenen Jahren immer hervorragende Mannschaften rausgebracht und auch dieses Jahr war das der Fall. Es musste eine außergewöhnliche Leistung auf den Rasen gebracht werden, um den Erfolg aus dem Liga–Pokal wiederholen zu können.
Eine Woche später war es soweit.
10 Uhr am Hallo, Kaffeebude. Ich war gespannt, was mich eine Stunde später erwarten würde. 3 Kaffee und ein paar Zigaretten später war es dann soweit. RWE begann gegen eine sehr starke Bochumer Mannschaft dort, wo es in Gladbach aufgehört hatte. Die Abwehr um Joshua Quarshie und Moustafa Kourouma zusammenmit den beiden Außenverteidigern Cemil Demircan und Lefti Theocharis stand sicher. Zudem hatte Lefti viele offensive Momente in denen er seine unglaubliche Schnelligkeit einsetzen konnte. Im Mittelfeld waren Giuliano Zimmerling und Ben Heuser sehr präsent und setzten Oggi Büyücarslan sowie Memo Kesim einige Male wiederholt gut in Szene. Leider nicht dabei sein konnten Nico Haiduk und Tim Kuhlmann, die immer noch an Verletzungen laborierten. Nicht zu reden von Armen Maksutoski, der aufgrund einer Verletzung noch überhaupt nicht ins Geschehen eingreifen konnte. Ein weiteres großes Talent, das besonders schwer unter den Corona Maßnahmen und damit verbundenen reduzierten Anzahl von Spielen leiden sollte.
Die Überlegenheit zahlte sich aus. In der 11. Minute erzielte der starke Memo Kesim das 1 : 0 und bereits wenige Zeigerumdrehungen später gelang dem mit aufgerücktem Joshua Quarshie das 2 : 0. Die Führung war verdient, es spielte in der Anfangsphase nur der RWE. Und sie spielten einen wirklich schönen Ball.
Meine Freude über die Führung dauerte genau 2 Minuten. Völlig überflüssig, völlig unnötig, aus dem Nichts, gelang Bochum der Anschlußtreffer weil ein Ball in der Abwehr nicht energisch genug geklärt wurde.
Bochum war wieder da und bis zur Halbzeit war es dann ein ausgeglichenes Spiel mit Chancen auf beiden Seiten. Trotzdem war ich stocksauer. Das Gegentor war nicht nötig und mit einer 2:0 Führung in die Halbzeit zu gehen wäre sicherlich ein Riesenvorteil gewesen.
Es wurde noch schlimmer. Bereits in der 51. Minute gelang Bochum der Ausgleichstreffer. Alles wieder offen. Positiv muss man anmerken, dass die Jungs sich nicht haben unterkriegen lassen und beide Nackenschläge sehr gut wegsteckten. Die Moral stimmte, da gab es keine 2 Meinungen. Der enorme läuferische Aufwand und die mutige Spielweise waren beeindruckend.
Beide Mannschaften hatten im weiteren Verlauf des Spiels genügend Chancen die Partie für sich zu entscheiden. Beide Mannschaften spielten auf Sieg, aber letztlich blieb es beim gerechten Unentschieden. Vor dem Spiel, vor der Saison, wäre ich damit einverstanden gewesen. So aber fühlte es sich wie ein Punktverlust an.
Trotzdem war es ein weiterer Schritt nach vorne. RWE hatte bewiesen, dass es in der Liga auch mit den ganz Großen mithalten und sie an einem guten Tag sogar besiegen kann. Mit 7 Punkten aus 3 Spielen konnte man von einem mehr als gelungenem Saisonstart sprechen und die Punkte wurden ja nicht gegen Laufkundschaft geholt. Die gibt es sowieso nicht in der U19 – Bundesliga wie der weitere Saisonverlauf noch zeigen sollte.
Als nächstes ging es zu den Preußen nach Münster. Ein sehr schwerer und undankbarer Gegner. Man muss dazu sagen, dass Münster über eine hervorragende Jugendarbeit verfügt und sowohl mit der U19 als auch der U17 in den jeweiligen Bundesligen eine sehr gute Rolle spielte. Genau wie bei RWE setzt man in Münster auf die Entwicklung junger Talente und hat Erfolg damit.
Das Spiel habe ich nicht gesehen, weil zeitgleich die Erste Mannschaft von RWE an der Hafenstraße spielte. Ich habe lange überlegt welchem Spiel ich beiwohnen sollte und mich dann für die Hafenstraße entschieden. Werde ich nicht wieder tun. Rein aus Aberglauben, denn die Jungs mussten die erste Niederlage der Saison einstecken. Münster behielt mit 3: 1 die Oberhand. Augenzeugen haben mir berichtet, dass RWE die überlegene Mannschaft war, aber zu wenig aus den sich bietenden Möglichkeiten machte, während Münster bei 3 Kontern eiskalt zuschlug. So kann es gehen.
Es folgte das Halbfinale im neu geschaffenen Ligapokal gegen die Übermannschaft von Borussia Dortmund. Der spätere Deutsche Meister und DFB-Pokal Finalist war auf allen Positionen mehr als hervorragend besetzt. Der Kader bestand fast durchgängig aus Nationalspielern. Viele Spieler trainierten und spielten bereits regelmäßig mit dem U23 Kader, der in der 3. Liga spielte, oder sogar bei den Profis in der Bundesliga. Namen wie Ömer El – Zein, Pharell Collins, Tom Rothe, Bradley Fink, Julian Rijkhoff Dennis Lütke Frie, Göktan Gürpütz, Colin Kleien – Bekel oder Jamie Bynoe – Gittens waren und sind das Non – Plus Ultra im Jugendfußball. Es herrschen einfach andere Verhältnisse in Dortmund. Zum Beispiel wurde trotz des hochklassigen Kaders während der Saison ein 16-jähriger Spieler aus Italien verpflichtet, Filippo Mane. Man munkelte 3,5 Millionen Euro Ablöse hat Dortmund sich diesen Spieler kosten lassen. Ich weiß das nicht sicher, aber vorstellen kann ich es mir. Man könnte noch weitere Namen nennen. Viele von ihnen haben nach der Saison Profiverträge erhalten und wir werden von ihnen noch viel hören.
Um es vorweg zu nehmen, RWE war in diesem Spiel chancenlos, schlug sich aber mehr als achtbar. Es spielte nur Dortmund, aber RWE ließ wirklich nicht viele klare Chancen zu. Die Abwehr, wieder einmal, machte ein tolles Spiel und jeder einzelne Spieler ackerte unermüdlich und stemmte sich gegen einen übermächtigen Gegner.
Der aufopferungsvolle Kampf hätte vielleicht mit ganz, ganz viel Spielglück belohnt werden können. Kurz vor der Halbzeit bekamen unsere Jungs einen Strafstoß zugesprochen, der aber sehr unglücklich nicht verwandelt werden konnte. Quasi im Gegenzug gelang dem BVB nach einem böse Abwehrfehler die 1:0: 0 Führung, welche gleichbedeutend mit dem Halbzeitstand war. Sehr schade. Was wäre gewesen, wenn wir mit 1: 0 in die Pause gegangen wären? Egal, sind wir nicht.
In der 2. Halbzeit das gleiche Bild. Dortmund spielte überlegen, RWE kämpfte verbissen und unermüdlich. Die Einstellung war vorbildlich. Leider wurde aus den wenigen sich bietenden Konterchancen zu wenig gemacht.
Es dauerte bis zur 69. Minute bis dem BVB das 2: 0 gelang und bei diesem Ergebnis blieb es auch. Trotz der Niederlage konnten unsere Jungs erhobenen Hauptes vom Platz gehen. Mit einer sehr guten Leistung hatte man ein mehr als achtbares Ergebnis erzielt. Mehr war an diesem Tag gegen diese Dortmunder Mannschaft nicht möglich. Das Erreichen des Halbfinales war ein nicht unbedingt zu erwartender Erfolg und hat für zusätzliches Selbstvertrauen gesorgt. Man konnte im Spiel gegen die Borussen aber auch sehen, was der Mannschaft noch fehlte zu einer wirklichen Spitzenmannschaft. Aber das ist Jammern auf höchstem Niveau. Dortmund gewann übrigens später das Finale gegen Schalke hoch überlegen. Ich glaube mit 5: 0 behielten die Borussen die Oberhand.
Die anschließende Spielpause wurde für einige Freundschaftsspiele gegen Oberligisten genutzt. Weiter in der Liga ging es dann am Hallo gegen die U19 von Oberhausen.
Ein schwieriges Spiel. Nicht nur, weil RWO über eine sehr gute Jugendarbeit verfügt und wieder einmal eine wirklich gute Mannschaft stellte, die mit Kilian Skolik über einen wirklichen Ausnahmestürmer in ihren Reihen hatte. Er spielt mittlerweile in der Regionalliga Mannschaft von RWO.
Schwierig auch deshalb, weil die Jungs umschalten mussten. In Gladbach, gegen Dortmund und eigentlich auch gegen Bochum war man als Außenseiter angetreten und hat mit beherzten Auftritten für Furore sorgen können. Nun kam mit Oberhausen eine Mannschaft, die man zum damaligen Zeitpunkt als einen direkten Konkurrenten um den Klassenerhalt bezeichnen musste.
Es entwickelte sich ein enges und spannendes Spiel. RWE war feldüberlegen, bestach durch eine gute Abwehrleistung und Lefti Theocharis hatte Kilina Skolik im Griff. In der 41. Minute musste Lefti verletzungsbedingt das Feld räumen und wurde durch Nico Weigandt ersetzt, der aus einer langen Verletzungspause kam. Nico musste quasi von Null auf Hundert funktionieren und das gegen den besten Mann von RWO. Er machte dann ein super Spiel und ließ seinen Gegenspieler nicht zur Entfaltung kommen. Dazu hatte er viele gute Momente im Spielaufbau. Ein hervorragender Fußballer, ein sehr netter und intelligenter junger Mann, der leider oft verletzt war. Sonst hätte er eine noch bessere Saison spielen können.
Ansonsten das fast schon gewohnte Bild. Unsere Jungs kämpften und rackerten, warfen alles in die Waagschale, was sie hatten, belohnten sich aber nicht genügend für den immensen Aufwand. Viel zu viele und viel zu leichte Ballverluste in der Vorwärtsbewegung sorgten dafür, dass es nur wenige hochwertige Torchancen gab und bis zum Schluss spannend blieb. Was die Mannschaft auszeichnete war, dass sie nie aufgab und stets bis zum Schlusspfiff alles gab. Im weiteren Saisonverlauf wurden mehrere Spiele erst in den allerletzten Sekunden gewonnen. Mehr als einmal.
Es dauerte bis zur 87. Minute bis Ben Heuser der erlösende Siegtreffer gelang. Es war ein Sieg des Willens. Bis zur letzten Minute alles geben, an sich glauben bis zum Abpfiff. RWO war ein sehr starker Gegner. Das muss man bei aller Rivalität anerkennen.
Mit 10 Punkten hatte RWE einen Start hingelegt, der sicherlich auch die kühnsten Erwartungen übertroffen hatte. Trotz schwieriger Bedingungen, Corona Regelungen und Verletzungspech, stand jeden Sonntagmorgen eine hoch motivierte Mannschaft auf dem Platz, die keine Angst kannte und aus einer sehr guten Abwehr heraus nach vorne spielte. Das war schon beeindruckend.
Weiter ging es in Paderborn.
Ein besonderes Spiel. Nicht wegen RWE, nicht wegen Paderborn und der tollen Anlage des NLZ´s. Es war ein besonderes Spiel, weil ich nach vielen Jahren einen wunderbaren Menschen wieder getroffen habe. Ich war nach meiner Ankunft noch auf der Suche nach einer Kaffeebude, als mich plötzlich Marcus Bergerhausen ansprach. Wir hatten uns viel zu lange nicht gesehen, und auf einmal stand er vor mir. Das war wirklich eine große Freude. Es gab so viel zu erzählen. Das Leben hat eben manchmal auch gute Überraschungen parat, und die knapp 2 Stunden mit Marcus gehörten unbedingt dazu.
Eine Kaffeebude gab es übrigens nicht. Stattdessen ein anonymer Automat, den ich boykottiert habe. Mir unbegreiflich, dass an einem eiskalten Sonntagmorgen es nicht möglich sein soll in einem ansonsten top ausgestatteten NLZ eines Profivereins keinen Kaffee zu bekommen. Gleiches gilt für Duisburg, Gladbach, Viktoria Köln. Da lobe ich mir die schnuckeligen Anlagen des FC Köln, von Kray und Meerbusch, und natürlich die Spielstätten in Essen, allen voran die Seumannstraße und Am Hallo.
Marcus und ich und etwa 200 Zuschauer bekamen ein hochklassiges und spannendes Spiel zu sehen. RWE übernahm zunächst das Kommando und war zunächst die spielbestimmende Mannschaft. Die Abwehr mit dem von Beginn an spielenden Nico Wiegandt stand sicher, im Mittelfeld machten die aus einer Verletzungspause kommenden Ali Karkar und vor allem Nico Haiduk en sehr gutes Spiel. Arnis Osmani vertrat den verletztzen Memo Kesim und er machte es so, wie ein Stürmer es machen muss und erzielte nach 24 Minuten die verdiente Führung für unsere Jungs. Alles schien nach Plan zu laufen. Bis zur 33. Minute. Ein Ball wurde im eigenen Strafraum nicht humorlos genug geklärt, und Paderborn nutzte die Chance, die eigentlich schon keine mehr war, zum Ausgleich.
Es ging munter weiter. Unmittelbar nach der Pause sorgte der an diesem Tag überragend aufspielende Ben Heuser für die erneute Führung, die aber nach einer weiteren Unsicherheit in der Abwehr nur 2 Minuten standhielt. Dann gelang Paderborn der erneute Ausgleich. Es ging munter weiter. Beide Mannschaften schenkten sich nichts, es ging hin und her. In der 60. Minute bekam RWE einen Strafstoß zugesprochen, den Nico Haiduk nervenstark und sehr souverän zur 3: 2 Führung verwandelte. Überhaupt, Nico Haiduk machte nach viel zu langer Verletzungspause ein bärenstarkes Spiel. Der Junge kann es einfach. Typ Straßenfußballer, flexibel einsetzbar, technisch stark und mit einem hervorragenden Spielverständnis ausgestattet. Er trifft eigentlich immer die richtigen Entscheidungen, hat ein Auge für seine Mitspieler, fordert den Ball. Leider auch vom Verletzungspech verfolgt. Für mich persönlich zusammen mit Tim Kuhlmann, Ben Heuser und Oggi Büyücarslan das größte fußballerische Talent in unseren Reihen, auch wenn andere Spieler stabiler und konstanter aufgetreten sind. Das ist nur meine persönliche Meinung. Ich habe auch nur wenig Ahnung. Bin aber sicher, wenn Nico gesund bleibt wird er noch eine sehr steile Karriere hinlegen. Ich drücke dazu alles Daumen.
Das Spiel war noch nicht entscheiden. In der 83. Minute bekam Paderborn einen berechtigten, aber saublöden, Elfmeter und es stand 3: 3. Ich war eigentlich zufrieden. Ein Punkt in Paderborn hörte sich nicht so schlecht an, auch wenn nach dem Spielverlauf mehr drin gewesen wäre. Unsere Jungs waren nicht zufrieden. Sie wollten mehr. In den verbleibenden 10 Minuten verteidigten sie nicht das Unentschieden, sondern wollten mit allen Mitteln den Sieg. Es wurden auch die Chancen dazu erarbeitet, aber es dauert bis zur 93. Minute bis dem an diesem Tag überragenden Oggi Büyücarslan der 4: 3 Siegtreffer gelang. Ihm habe ich es besonders gegönnt. Ein hervorragender Fußballer, der alle Voraussetzungen mitbringt.
Es war erneut ein Sieg des Willens. Es gab 3 Punkte, weil man in einem Auswärtsspiel bei der U19 eines Zweitligisten bis zur letzten Sekunde auf Sieg spielte, weil man an sich glaubte und weil man sowohl die Fitness als auch die notwendige Einstellung an den Tag legte, die man braucht um ein Fußballspiel zu gewinnen.
Nach dem Spiel überall strahlende Gesichter. Nejat Sen, Vater des leider verletzten Aksit Sen, der bei jedem Spiel der Mannschaft dabei war, war mit mir einer Meinung, dass die Jungs wieder einmal eine tolle Moral bewiesen hatten und ergo den Platz verdient als Sieger verließen.
In den nächsten 4 Wochen wurden mehrere Freundschaftsspiele bestritten, bevor es am 28.11.2021 am Hallo gegen Fortuna Köln weiter ging.
In diesem Spiel ging es für RWE darum der Favoritenrolle gerecht zu werden. Durch die Erfolge im bisherigen Saisonverlauf war man in der Tabelle auf den 3. Platz geklettert. Man muss sich das vorstellen und auf der Zunge zergehen lassen. RWE U19. 3. Tabellenplatz in der Bundesliga. Das gab es noch nie.
Ich freute mich auf das Spiel, das an der Seumannstraße stattfand. Nicht nur wegen der Kaffeebude, sondern ich war gespannt wie unsere Jungs mit der neuen und ungewohnten Rolle des Favoriten zurechtkommen werden.
Fortuna Köln hatte bis dato noch keine Bäume ausgerissen, aber das heißt nix. Und es kam, wie es kommen musste. Die Fortunen nutzen einen saudämlichen Abwehrfehler und gingen bereits in der 5. Minute in Führung. Unglaublich naiv verteidigt, und wir hatten den schlechtesten Start ins Spiel, den man sich vorstellen kann.
Fortan entwickelte sich ein Spiel mehr oder weniger auf ein Tor. Die Kölner verteidigten mit Mann und Maus und kamen zu keinen weiteren Chancen. Unsere Mannschaft stürmte ununterbrochen nach vorne, ließ aber oft das letzte Bisschen Entschlossenheit vermissen. Durch viele Ballverluste in der Vorwärtsbewegung und viele ungenaue Zuspiele machten wir uns trotz optischer Überlegenheit das Leben unnötig schwer. Der erlösende Ausgleich fiel in der 78. Minute durch Memo Kesim und in der 84. Minute war es Ben Heuser, der den Siegtreffer erzielte.
Der Aufwand der für diesen Sieg betrieben werden musste, war enorm. Sowohl läuferisch, als auch kämpferisch waren 110% nötig um die sehr defensiv eingestellten Kölner letztlich zu besiegen. Verdient war es allemal.
Die Erfolgsgeschichte wurde also weitergeschrieben. Punkteausbeute und Tabellenplatz überstiegen alle Träume, die man vorher haben durfte. Das blieb auch überregional nicht unbemerkt. Joshua Quarshie, Ben Heuser, Tim Kuhlmann und Cemil Demircan wurden zu Lehrgängen der DFB-U18 Nationalmannschaft eingeladen. Ben Heuser wurde zusätzlich noch von der Schweizer Nationalmannschaft berufen, da er beide Staatsbürgerschaften besaß. Auch zwei Spieler aus der U17 hatten entsprechende Einladungen erhalten, was zeigt, auf welchem Niveau sich die Jugendarbeit von RWE mittlerweile befindet. Das ist ein wirklich ganz bemerkenswerter Erfolg und eine besondere Auszeichnung für Christian Flüthmann und Jörn Nowak, die sich die Entwicklung des NLZ´s auf die Fahne geschrieben haben.
Weiter ging es in der Bundesliga beim MSV Duisburg. Gemeinsam mit Happo und Karpi machte ich mich bei minus 25 Grad und nasskaltem Wetter auf den Weg. Das NLZ vom MSV ist eine tolle Anlage. 9 Fußballplätze, modernste Trainingsanlagen, alles vom Feinsten. Leider keine Kaffeebude. Unglaublich. Das ist auch eine Stilfrage.
Für Vincent Wagner war kein Spiel wie jedes andere. Mit dem Trainer des MSV Duisburg, Engin Vural, hatte er zusammen den Trainerlehrgang absolviert und eine Fahrgemeinschaft gebildet.
Duisburg hatte eine wirklich gute Mannschaft, die bisher aber noch nicht die eigentlich zu erwartenden Ergebnisse hatte bringen können. In ihren Reihen standen aber einige Ausnahmetalente, wobei Julian Hettwer schon fest zum Kader der 3. Ligamannschaft des MSV gehörte. Aber es blieben noch Spieler wie Jan Niklas Forger, mittlerweile bei der SSVG Velbert, Tyron Ken James Mata und Baran Mogultay, die ebenfalls in den Kader der Profis aufgerückt sind, Nationalspieler Hamza Anhari, und der mittlerweile bei RWE spielende Abwehrrecke Ben Vincent Hüning. Dazu Leute wie Henrik Scheibe, Elias Opuku und der sehr starke Torwart Max Schreiber.
Die Geschichte des Spiels ist schnell erzählt. RWE fand zu keiner Sekunde der Begegnung ins Spiel und war insgesamt das erste Mal in dieser Saison unterlegen. Wir spielten ganz anders als sonst. Irgendwie zu abwartend, übten viel zu wenig Druck auf den Gegner aus. Ich kann es nicht richtig erklären aber die verdiente 0: 3 Niederlage war die Folge davon, dass an diesem Tag einfach nichts lief.
Die überragenden Tyron Mata und Hamza Anhari haben wir zu keiner Zeit des Spiels in den Griff bekommen. Von jeder Aktion ging Gefahr aus. Nach dem 2: 0 ließen es die Duisburger etwas ruhiger angehen, hatten auch nicht mehr viele Torchancen, aber RWE war an diesem Tag nicht in der Lage das Spiel zu drehen.
Die anschließende Winterpause wurde für zahlreiche Testspiel gegen Oberligisten genutzt, in denen durchweg gute bis sehr gute Ergebnisse erzielt werden konnten. Die Bundesliga ging erst im Februar mit dem Heimspiel gegen Arminia Bielefeld weiter.
Am 06.02.2022 war es dann endlich soweit. Mit der U19 von Arminia Bielefeld stellte sich eine Mannschaft an der Seumannstraße vor, die im bisherigen Saisonverlauf etwas hinter den eigenen Erwartungen zurückgeblieben war und in akuter Abstiegsgefahr schwebte. Vielleicht bestanden sie auch deshalb auf die Austragung des Spiels, obwohl RWE aufgrund zahlreicher Corona Fäll um Verlegung gebeten hatte.
Dementsprechend defensiv trat sie auch auf. RWE rannte 90 Minten an, Bielefeld verteidigte mit Mann und Maus. Spielerisch kam von Bielefeld wenig bis gar nichts, aber unsere Jungs schafften es nicht in Führung zu gehen. Nach 90 hektischen Minuten, in denen unsere Mannschaft drückend überlegen war blieb es beim 0: 0. Schmerzlich vermisst wurde der erkrankte Ben Heuser, aber dafür waren der viel zu lange verletzte Aksit Sen endlich wieder dabei und machte ein gutes Spiel. Auch Armen Maksutoski zeigte, dass mit ihm auf alle Fälle zu rechnen ist, wenn er gesund bleibt.
Unterm Strich hatte ich mir mehr ausgerechnet. Aber letztlich muss man auch mal mit einem Punkt zufrieden sein und Einstellung, Kampf und Leidenschaft haben gestimmt. Nur ein Törchen fehlte.
Es folgte eine der besten Leistungen der jüngeren Geschichte des NLZ´s von RWE. Eine Woche später ging es in die Knappenschmiede von Schalke 04. Ein Spiel, das man eigentlich nicht gewinnen kann. Eigentlich.
Die Knappenschmiede ist das absolute Non – Plus Ultra im deutschen Jugendfußball. Sie hat zahlreiche Nationalspieler herausgebracht, ungezählte Bundesliga- und Zweitligaspieler. Wer hier ausgebildet wurde hatte beste Chancen etwas zu werden im Profifußball. Das aktuelle Team bestand unter anderem aus Sidi Sane, Bruder des Nationalspielers und zahlreicher anderer Nationalspieler. Alles Top Talente, alles Spieler, von denen man noch hören wird.
Die Anlage selbst, gleich neben der Arena, ist der pure Wahnsinn. Auch die Kaffeebude ist gut.
Dann geschah das für mich Unfassbare. Ich stand um viertel vor 11 am Eingang der Knappenschmiede, und wurde nicht hereingelassen. Wegen Corona wurde die Zuschauerzahl auf 200 begrenzt. Man musste sich wohl vorher als Familienangehöriger oder Berater registrieren, sagte die unfreundliche Dame von der Security. Alles Reden half nicht. Ich habe es noch an einem anderen Eingang versucht, aber null Chance. Geärgert hat mich, dass es vorher nicht kommuniziert wurde.
Also fuhr ich wieder nach Hause, Blut kotzend vor Wut. Das Spiel verfolgte ich am Ticker, und später habe ich ein Video mit den Höhepunkten der ersten und der kompletten zweiten Halbzeit erhalten.
Was ich sah war der pure Wahnsinn. Schalke begann gut, war auch optisch überlegen und ging in der 20. Minute durch Sidi Sane in Führung. Bis zu diesem Zeitpunkt verteidigte RWE sehr gut, setzet aber wenig Akzente in der Offensive. Das sollte sich mit dem Gegentor ändern. Angetrieben durch den an diesem Tag bärenstarken Giuliano Zimmerling, der ein überragendes Spiel machte, gewannen unsere Jungs mehr und mehr Spielanteile und übernahmen langsam aber sicher das Kommando. Giuliano hat in diesem Spiel eindrucksvoll bewiesen, warum Christian Neidhart ihn regelmäßig bei der Ersten Mannschaft mittrainieren ließ und teilweise auch in den Spieltags Kader berief.
Schalker Chancen blieben in der Folge eher Mangelware. Es sollte nicht unerwähnt bleiben, dass einige Spieler von RWE gerade genesen waren von Corona, aber der kämpferischen Leistung tat das keinen Abbruch. RWE wollte den guten Tabellenplatz verteidigen, und wollte das Spiel drehen. In früheren Jahren hätte man sich vielleicht nach dem Rückstand hinten reingestellt und wäre mit einer knappen Niederlage zufrieden gewesen. Nicht so an diesem Tag. Mit großem Kampf und riesigem läuferischen Aufwand stemmte man sich gegen die Niederlage. In der 71. Minute war es dann endlich soweit und der Fußballgott belohnte die tolle Leistung mit dem 1: 1. Er erwählte dazu Armen Maksutski, der mit einer tollen Aktion den Ausgleich erzielte. Keinem anderem Spieler habe ich dieses Tor mehr gegönnt als ihm. Ein Vollblutfußballer, immer lächelnd und freundlich, der so sehr vom Verletzungspech gebeutelt war in den letzten Monaten.
Die Wagner Jungs wollten mehr. Sie gaben sich mit dem Unentschieden in der Knappenschmiede nicht zufrieden, sondern wollten 3 Punkte mit an die Seumannstraße zurücknehmen. Sie taten in der Folge mehr für den Sieg als Schalke, und die staunten nicht schlecht darüber, wie der kleine Nachbar hier an diesem Tag auftrat. Die fußballerische Klasse der jungen Knappen konnte man in vielen Aktionen sehen, aber in puncto Leidenschaft war RWE überlegen. Sie spielten nach vorne, kämpften um jeden Ball. Schalke wankte, fiel aber noch nicht. Es dauerte bis zur 93. Minute, Nachspielzeit. Es blieb Memo Kesim vorbehalten mit einem seiner hervorragenden Kopfbälle nach einer Ecke den Siegtreffer zu erzielen.
Ein aufgrund der 2. Halbzeit verdienter Sieg. Auch fußballerisch wusste das Wagner Team zu überzeugen. Bedingungsloser Einsatz und Kampf bis zur letzten Sekunde war man ohnehin von dieser Mannschaft gewohnt. Und erneut wurden die Punkte in der allerletzten Phase des Spiels sichergestellt. Moral und Einstellung, da machte uns keiner was vor. Das haben die Jungs verinnerlicht. Bis zum Schluss an sich zu glauben, einen Schritt mehr machen als der Gegner. Das beherrschte die Mannschaft von Vincent Wagner aus dem FF.
Allein dieser Sieg bewies wie gut an der Seumannstraße gearbeitet wird, und was für eine tolle Mannschaft dieser Jahrgang hervorgebracht hatte. Auf Schalke gewinnen. Das muss man erstmal bringen.
Dieser Sieg brachte aber auch Veränderungen mit sich. Jedenfalls habe ich das so empfunden. Man war mit dem Saisonziel angetreten nicht abzusteigen und auf einmal winkte der 2. Tabellenplatz, der zur Teilnahem an der Youth League berechtigte. Das ist die Champions League für U19 Mannschaften und als Gegner winkten Manchester, Madrid oder Mailand. Die Ausgangslage hatte sich also geändert. Mit Blick aufs Restprogramm war eine nie zuvor dagewesene Platzierung möglich.
Geändert hat sich aber noch mehr. Wir waren mittlerweile im Februar angekommen und die Saison neigte sich dem Ende zu. Das bedeutet, die Feilscherei um neue Verträge begann. Hochkonjunktur für die ganzen Berater, die regelmäßig unter den Zuschauern waren. Es musste ausgehandelt werden, welche Altjahrgänge einen Vertrag bekamen, von welchen Spielern man sich trennen musste, wer hatte Angebote von anderen Vereinen, welche Spieler von anderen Vereinen kamen für eine Verpflichtung für die neue Saison in Frage.
Leverkusen, Gladbach und auch Düsseldorf buhlte um ein paar unserer Jungs. Das ist leider Teil des Geschäfts. Und ja, U19 Bundesliga Fußball ist Geschäft. All diese Umstände, die nicht nur für RWE zutrafen, waren sicherlich nicht leistungsfördernd. Besonders die Spieler, die aufgrund von Verletzungen oder Corona sich nur wenig zeigen konnten, machten sich zunehmend Gedanken darüber, wie es weiter gehen würde. Wer als Altjahrgang am Ende der Saison keinen Vertrag von RWE angeboten bekam, wurde quasi aus dem Verein ausgeschlossen. Auch das gehört zur Realität des Jugendfußballs. Nicht nur bei RWE.
Es ging also um Platz 2, und es ging um Verträge. Das sind Drucksituationen mit denn ein 17- oder 18-jähriger Spieler erstmal fertig werden musste. Ich ziehe meinen Hut davor, wie die Jungs das gemacht haben.
Weiter ging es gegen den 1. FC Köln. In den vergangenen Jahren waren die kleinen Geißböcke auf Augenhöhe mit dem BVB und Schalke und dominierten den Jugendfußball in der U19 und U17. Diese Saison aber waren sie nicht so stark. Zwar hatten sie mit Justin Diehl einen Ausnahmestürmer in ihren Reihen, aber insgesamt blieb die Mannschaft etwas hinter den Erwartungen zurück.
RWE war Favorit und sollte Platz 2 erreicht werden sollte dieses Spiel gewonnen werden. Ohne den immer noch erkrankten Ben Heuser und Joshua Quarshie, der aus Vorsichtsgründen geschont wurde, begann RWE entsprechend engagiert und versuchte dem Spiel den Stempel aufzudrücken. Insgesamt war RWE auch überlegen, ließ so gut wie keine Chancen der Kölner zu, hatte aber auch selbst nur wenig Möglichkeiten Tore zu erzielen. Wie so oft mangelte es etwas am Zug zum Tor, leichte Ballverluste sorgten dafür, dass die Kölner die Angriffe von RWE relativ gut verteidigen konnte. Die defensive Grundausrichtung der Geißböcke half dabei.
Es kam, wie es kommen musste. Kurz vor der Halbzeit gingen die Kölner nach einem Fehler mit einer Halbchance in Führung. Eine sehr glückliche Führung. In der 63. Minute gelang Arnis Osmani der hoch verdiente Ausgleich und ich hoffte darauf, dass wir in der verbleibenden halben Stunde noch den Siegtreffer erzielen würden. Haben wir aber nicht. Trotz spielerischer Überlegenheit, trotz einer insgesamt guten Leistung gelang kein weiteres Tor und es blieb beim unglücklichen Unentschieden aus Essener Sicht.
Ein kleiner Dämpfer auf dem Weg nach Europa. Wer hätte je gedacht, dass man das mal berechtigterweise über eine U19 von RWE schreiben kann.
Weiter ging es nach Düsseldorf. Auch die Fortunen blieben hinter den Erwartungen zurück und schwebten in Abstiegsgefahr. Wie gegen den FC Köln war RWE-Favorit und wie zuvor brauchte man Punkte im Kampf um Platz 2. Der Druck war zu spüren.
Begleitet von Happo machte ich mich bei minus 35 Grad auf den Weg nach Düsseldorf. Wir trafen dort unter anderem den ehemaligen RWE – Spieler Maik Rodenberg und es hat viel Spaß gemacht mit ihm das Spiel zu verfolgen.
RWE begann druckvoll und ließ keinen Zweifel daran, dass sie das Spiel unter allen Umständen gewinnen wollten. Von Düsseldorf war nicht viel zu sehen und RWE war spielbestimmend. Leider, erneut, ohne für wirklich gefährliche Situationen vor dem Düsseldorfer Tor zu sorgen. Die Fortunen beschränkten sich fast ausnahmslos aufs Verteidigen und es war schwer eine Lücke in der dicht gestaffelten Abwehr zu finden. Am Willen hat es nicht gelegen. Einsatz und Leidenschaft stimmte wie immer.
Und wie, fast, immer gerieten wir durch eine saublöde Aktion im eigenen Fünfmeterraum in Rückstand. Ab diesem Zeitpunkt war es fast ausschließlich ein Spiel auf ein Tor, aber ohne wirkliche Torchancen. Düsseldorf wäre bei einem Sieg über dem Strich gewesen und verteidigte mit allem was sie hatten die schmeichelhafte Führung. RWE unternahm alles um die Punkte mitzunehmen, blieb aber über weite Strecken des Spiels ungefährlich.
Dennoch wurde die leidenschaftliche Vorstellung noch zu mindestens teilweise belohnt. In der 89. Minute verwandelte Memo Kesim einen Foulelfmeter zum 1:1. Bei diesem Ergebnis sollte es bleiben. Glückliche Gesichter sah man nach dem Schlusspfiff nur wenige. Für beide Mannschaften war ein Punkt eigentlich zu wenig.
Es folgte eine etwas längere Pause und dann ging es weiter an der Seumannstraße gegen Alemannia Aachen. Dieses Mal hatte RWE mal den besseren Start und konnte nicht nur Chancen herausarbeiten, sondern sie auch verwerten. Arnis Osmani in der 14. Minute, Ali Karkar mit einem herrlichen Treffer aus 25 Metern in der 17. Minute und Armen Maksutoski in der 29. Minute sorgten für eine komfortable Führung zur Pause. Der überragend aufspielende Oggi Büyücarslan mit einem sehenswerten Treffer nach herrlichem Solo erhöhte in der 91. Minute auf 4: 0, was auch das Endergebnis sein sollte.
In diesem Spiel belohnte sich die Mannschaft mal für den immensen Aufwand, den sie betrieb und hatte auch das Spielglück auf ihrer Seite. Endlich mal nicht in Rückstand geraten, endlich brauchte man nicht dem gesamten Spiel der Musik hinterherlaufen. Das Spielglück, das gegen Bielefeld, Köln und Düsseldorf fehlte war an diesem Tag an der Seumannstraße da. Überschattet wurde das Spiel allerdings durch eine völlig unberechtigte rote Karte gegen Lefti Theocharis in der 59. Minute, der daraufhin für 2 Spiele gesperrt wurde und in den folgenden Begegnungen nicht zur Verfügung stand.
Es waren nun noch 3 Begegnungen zu absolvieren und am folgenden Wochenende ging es nach Leverkusen. Auch eine absolute Spitzenmannschaft die über zahllose Ausnahmekönner verfügte. Einen ihrer besten, Emrehan Gedikli, haben sie in der Winterpause in die Türkei nach Trabzonspor verkauft. Es ging das Gerückt dieser Transfer soll rund eine Million Euro in die Kassen der Werkself gespült haben. Nur um mal die Verhältnisse aufzuzeigen. Sein jüngerer Bruder, Berkant, spielt übrigens bei uns in der U17.
Auf dem Weg vom Parkplatz zum Stadion, und es war ein langer Weg, hatte ich Gelegenheit mich mit Ben Heuser zu unterhalten. Er konnte krankheitsbedingt immer noch nicht ins Geschehen eingreifen, war aber bei jedem Spiel dabei. Wir gingen etwa 15 Minuten zusammen zum Haberland Stadion und in dieser Zeit lernte ich viel über die Situation eines ambitionierten Jugendspielers, über Druck, Verletzungen, Zukunftsperspektiven, Hoffnungen und vieles andere mehr. Ben Heuser ist nicht nur ein hoch begabter Fußballer, sondern ein sehr netter, intelligenter und höflicher junger Mann, der sehr reflektiert durchs Leben läuft. Wir haben zu späteren Zeitpunkten noch einige Male ein paar Worte gewechselt, und mein positiver Eindruck verfestigte sich immer mehr. Was wir im Einzelnen besprochen haben bleibt unter uns. Das gehört nicht in ein Forum, oder einen Blog. Ben, wenn Du das hier lesen solltest: Du wirst ganz sicher Deinen Weg gehen und es wird der richtige Weg sein. Ich drücke Dir dazu alle Daumen.
Im Stadion traf ich mich mit Hürthi. Aus Köln angereist war er genauso neugierig wie ich auf das Spiel.
Leverkusen begann druckvoll und hatte zu Beginn mehr vom Spiel. Aber die rot weiße Abwehr hielt dem Druck stand und verteidigte das eigene Tor mit Herz und Leidenschaft. Bis zur 19. Minute. Eine kleine Unachtsamkeit reichte aus und Can Yahya Moustfa erzielte ein bisschen glücklich die Führung für den Nachwuchs der Werkself.
RWE gab sich nicht geschlagen und kam in der Folgezeit immer besser ins Spiel. Insbesondere die linke Seite mit Nico Haiduk und Armen Maksutoski machten ein hervorragendes Spiel. Unter den wachsamen Augen von Jörn Nowak kam RWE zu Chancen und mit ein bisschen Glück wäre man mit einem Unentschieden in die Halbzeit gegangen.
In der zweiten Halbzeit spielten nur noch die Mannschaft von Vincent Wagner, der krankheitsbedingt nicht anwesend war. Angriff auf Angriff rollte auf die Leverkusener Abwehr zu und es ergaben sich einige vielversprechende Torchancen. Die Abwehr um Joshua Quarshie und Mustafa Kourouma ließ nicht mehr zu und angetrieben von dem überragendem Giuliano Zimmerling sowie Armen Maksutoski und Nico Haiduk war RWE im zweiten Durchgang haushoch überlegen. Ein wirklich tolles Fußballspiel, dem nur die Tore fehlten. Jedenfalls aus Rot Weißer Sicht. Ich bin davon überzeugt, wenn wir zu gegebener Zeit den Ausgleich machen gewinnen wir das Spiel glasklar. Haben wir aber nicht. Trotz wirklich gutem Spiel und einigen gut herausgespielten Chancen gelang es nicht das Runde ins Eckige zu befördern.
Obwohl es beim 0: 1 blieb war insbesondere die zweite Halbzeit für mich das Beste was ich von der Mannschaft in der gesamten Saison übergesehen habe. Horst und ich waren uns einig, dass wir eine toll ausgebildete Mannschaft gesehen haben, die über ein paar Spieler verfügt, die ihren Weg gehen werden. Schade war es trotzdem. Nicht nur in Leverkusen, sondern bereits zuvor gegen Bielefeld, Köln und Düsseldorf waren wir die besseren Mannschaften, haben aber unterm Strich aus diesen Spielen zu wenig Punkte mitgenommen.
Die Träume vom 2. Tabellenplatz konnten nach dieser Niederlage zu den Akten gelegt werden. Realistisch war das nicht mehr, wenn auch noch rechnerisch möglich.
Vielleicht tat das der Mannschaft auch ganz gut, denn das nächste Spiel an der Seumannstraße gegen den Wuppertal SV konnte mit 2: 1 gewonnen werden. Tim Kuhlmann und John Max Kowalski sorgten für den Sieg, der nach Spielverlauf auch ruhig höher hätte ausfallen können.
Im letzten Spiel ging es nach Dortmund zum BVB. Platz 2 war nicht mehr erreichbar, aber natürlich wollte die Mannschaft sich vernünftig aus der Meisterschaft verabschieden. Und das gelang. Gegen die mit voller Kapelle angetretenen Dortmunder ließ RWE lange Zeit nichts zu und geriet erst in der Nachspielzeit der ersten Halbzeit durch einen Kopfball nach vorheriger Ecke im Rückstand. In der 2. Halbzeit dasselbe Bild. Dortmund war überlegen, aber RWE hielt tapfer dagegen und kreierte sich gegen Spielende auch eigene Möglichkeiten. Mit ein bisschen Glück gelingt ein Unentschieden. Auf jeden Fall konnte unsere Mannschaft den Platz mit hoch erhobenem Kopf verlassen. Achtungserfolg nennt man das wohl.
Im nächsten und letzten Teil werde ich versuchen ein Fazit über ein Jahr mit der U19 zu ziehen und natürlich vom Triumph im Verbandspokal berichten.
Ende 4. Teil
Meinen Nicknamen Traumzauberer habe ich seit den guten alten Zeiten im Reviersport.
Seitdem nennen mich alle so.
Gegen den Virus RWE, genauer gesagt dem Virus Hafenstraße, hilft genau wie gegen Corona kein Booster
und seit den 80er Jahren bin ich infiziert.
Seitdem bin ich dabei. Mal mehr und mal weniger. Mal euphorisiert, mal total frustriert.
Ende der 90er bis 2020 habe ich im Ausland gelebt, aber meine Verbundenheit zu den Uralt Ultras und Happo
hat darunter nie gelitten. Im Gegenteil. Egal wo ich gerade auf der Welt war, diese Verbindung hatte Bestand,
war belastbar und dadurch war auch RWE in meinem Leben immer präsent.
Corona hat mich 2020 wieder nach Deutschland verschlagen, und ich habe begonnen mich sehr intensiv mit
den Nachwuchsmannschaften von RWE zu beschäftigen. Das hat nicht nur unglaublich viel Spaß gemacht, sondern mir auch
Einblicke in das Haifischbecken Profifußball gegeben, die sehr aufschlußreich waren.
Als bekennender Fan des Hafenstraßenfußballs konnte ich an der Seumannstraße und Am Hallo faszinierende Spiele
und Spieler gesehen. Technisch feiner Fußball bei höchstem Tempo und Kampf bis zur letzten Nanosekunde. So, wie es sein soll.
RWE bekennt sich zur Jugendarbeit und bietet hoch talentierten Spielern fantastische Möglichkeiten sich zu entwickeln.
Dabei zu sein und den persönlichen und fußballerischen Werdegang junger Talente zu verfolgen ist eine tolle Sache.
Insbesondere die U19 habe ich ein Jahr bei nahezu jedem Spiel begleitet und ich bin sehr dankbar für sehr viele bleibende Momente
auf und neben dem Platz.
Ein Mammutwerk.
Nicht geeignet für eilige Leser.
Aber für Interessierte an der Nachwuchsarbeit bei RWE und für die Seumannstraßen-Macher.
Danke Stefan.
Interessierte an der Nachwuchsarbeit unseres Klubs sollten wir prinzipiell ja eigentlich ALLE sein, da das ja im Grunde genommen die Zukunft unseres RWE ist !
Danke Stefan jedenfalls für die ganzen Artikel … immer lesenswert und aufschlußreich !